Lesungsbericht: „Der leise Atem der Zukunft“ von Ulrich Grober

Lesungsbericht: „Der leise Atem der Zukunft“ von Ulrich Grober

Was hat Wandern mit Nachhaltigkeit zu tun? Viel! Nicht nur, dass Wandern bedeutet, sich bewusst für Dinge zu entscheiden, die mit auf die Wanderung genommen werden, da sonst die Last zu schwer wird und das Entdecken dadurch unmöglich, nein, es bedeutet auch Zeit zum Nachdenken, zum Entdecken und zum Verknüpfen von Gedanken und Entdecktem.

Amazon PartnerlinkUlrich Grober machte genau das. Er wanderte durch Deutschland, um den Spuren der Nachhaltigkeit zu folgen. Daraus entstand sein Buch “Der leise Atem der Zukunft”, welches er am 26.10.2016 in der Stratum-Lounge vorstellte. Und diese Lesung machte nicht nur Spaß, sie machte Lust auf mehr, auf das ganze Buch, welches im oekom-Verlag erschienen ist und dort für 19,95 Euro zu erwerben ist.

Im Buch geht es um Nachhaltigkeit, um die kleineren und größeren Wenden, und es geht um den Blick auf das Große und Ganze, das in den Debatten um Nachhaltigkeit meist zu kurz kommt. Ulrich Grober fragt sich, wo die Werte der Nachhaltigkeit sichtbar werden, welche Werte Nachhaltigkeit überhaupt braucht. Er suchte sie auf seiner Wanderung durch Deutschland und fand dabei auch Antworten auf seine Fragen.

Der Kapitalismus und der Wettbewerb haben zu einer Erosion von Werten geführt, sagt Ulrich Grober. Was ist mit der Freiheit, was mit der Brüderlichkeit und was mit der Gleichheit? Sind diese Werte im Kapitalismus überhaupt haltbar? Und was haben diese Werte mit Nachhaltigkeit zu tun? Viel, und Ulrich Grober erklärt in seinem Buch auch warum.

Bei der Lesung nimmt Ulrich Grober uns kurz mit in die Autostadt Wolfsburg, die beim Versuch, Nachhaltigkeit zu leben, versucht, die Natur überflüssig zu machen. Er erzählt von einem Garten, in dem die Pflanzen vor Wildtieren geschützt werden und in dem das Gezwitscher der Vögel fehlt. Er fragt, was VW eigentlich will, warum VW sich auf nachhaltige Werte einlässt und ob sie sich wirklich auf die Werte der Nachhaltigkeit einlassen.

In der Diskussion kam dann die Frage auf, ob diese Aneignung der Nachhaltigkeit von VW nicht dazu führt, dass das Konzept der Nachhaltigkeit entwertet wird. Ulrich Grober meint, dass dies verhindert werden kann, wenn sich die Menschen zurück besinnen auf die eigentliche Bedeutung des Wortes und er untermauert dies am Beispiel der Demokratie, die schon viel zu oft missbraucht wurde, und die durch diesen Missbrauch dennoch nicht entwertet wurde.

In einer gotischen Kirche in Erfurt kommt Herr Grober dann auf das Wort Gelassenheit. Gelassenheit als Bedürfnis der Menschen, als Durchbruch zu einem neuen Leben. Gelassenheit, so sagt Ulrich Grober, bedeutet, dass wir Dinge loslassen und dadurch Ruhe finden. Gelassenheit also als Synonym für Verzicht.

Da ist es wieder, dieses Wort, das viele nicht hören wollen: Verzicht! Ulrich Grober meint, dass das Wort negativ besetzt ist und deswegen ersetzt werden muss. Dabei ist Verzicht nichts negatives, solange es die Lebensqualität nicht einschränkt. Verständlich ist diese negative Besetzung des Wortes bei Menschen, die auf Nahrung und Wasser verzichten müssen, die in Armut leben und für die Verzicht eine Einschränkung ihrer Lebensqualität bedeutet. Verständlich ist diese negative Besetzung nicht bei Menschen, die einfach nur darauf verzichten sollen, sich jedes Jahr ein neues Smartphone zu kaufen, oder einen neuen Fernseher. Die bewusst mit den Ressourcen dieser Welt umgehen sollen, damit die Welt erhalten bleibt, damit jeder etwas von den Ressourcen hat, damit kein Mensch hungern muss. Verzicht auf die Wegwerfgesellschaft ist durchaus etwas positives, etwas, was uns sogar dabei helfen kann, noch mehr Lebensqualität zu erlangen. Und das meint Ulrich Grober auch, wenn er von Gelassenheit spricht.

Und dann ist da noch der Wert der Gemeingüter. Der Gedanke des Teilens, der durch den Kapitalismus lange Zeit verdrängt wurde. Ulrich Grober sieht diesen Gedanken zurück auf der Weltbühne. Er meint, dass wir die Erde als ein gemeinsames Erbe ansehen müssen, als ein Erbe, dessen Früchte allen Menschen zugute kommen müssten. Um das zu erreichen, braucht es die Gabe, als Gegenentwurf zur Ware. Die Gabe verbindet Menschen und die Gabe ist gleichzeitig auch der Kern der Nachhaltigkeit, denn wer gibt, der bekommt meist auch etwas zurück. Wer mit anderen teilt, mit dem teilen auch andere.

Nach zwei Stunden ging die Reise mit Ulrich Grober zu Ende und sie hinterlässt den Wunsch nach mehr solcher Gedanken zur Nachhaltigkeit. Gedanken, die Nachhaltigkeit nicht als Zwang definieren, sondern als etwas, das für alle erstrebenswert ist.

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